Patrick Link

UN-Kaufrecht – CISG

Die große Unbekannte im internationalen Handel

Wenn Sie als Unternehmer international tätig sind, also Waren aus dem Ausland beziehen oder ins Ausland liefern/verkaufen, sollten Sie sich mit den Vor- und Nachteilen des CISG auseinandersetzen. Das Wiener Kaufrecht bietet nämlich viele Möglichkeiten im internationalen Handel, wird aber in der Praxis oft ausgeklammert oder sogar übersehen. Zurecht? Nicht immer: es kann in vielen Fällen sehr vorteilhaft sein, das Wiener Kaufrecht für anwendbar zu erklären und gerade nicht auszuschließen.

Das UN-Kaufrecht basiert auf dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, kurz CISG) vom 11. April 1980.

Bislang (Stand: September 2020) wurde das Abkommen von 94 Staaten ratifiziert.

Darunter die führenden Wirtschaftsnationen (mit Ausnahme des Vereinten Königreichs !), weshalb dem Abkommen besondere Relevanz zukommt. In Deutschland und in den Niederlanden ist das UN-Kaufrecht seit 1991 bzw. 1992 in Kraft.

1. Wann ist das UN-Kaufrecht grundsätzlich anzuwenden?

Das UN-Kaufrecht kann bei Kaufverträgen über bewegliche Waren zwischen zwei Unternehmern angewandt werden, wenn sich die Niederlassung/der Wohnsitz von Käufer und Verkäufer in verschiedenen Staaten befindet und diese das Abkommen ratifiziert haben. Darüber hinaus findet das UN-Kaufrecht Anwendung, wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts eines Staates dies so vorsehen sowie wenn die im Vertrag festgelegte Rechtswahl auf einen Vertragsstaat des Abkommens fällt.

Beachten Sie, dass das UN-Kaufrecht automatisch gilt und sich über nationales Recht hinwegsetzt, sofern es nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird!

Wenn beispielsweise eine deutsche und eine niederländische Partei einen Kaufvertrag abschließen und keine Rechtswahl treffen, gilt das CISG. Auch dann wenn die Parteien expliziet vereinbaren, dass der Kaufvertrag niederländischem oder deutschem Recht unterliegt soll, so gilt auch dann das CISG. Das CISG ist ein so genanntes einheitliches Privatrecht und hat Vorrang vor nationalem und europäischem Recht. Ein vertraglicher Ausschluss(„opt out“) durch die Vereinbarung einer entsprechenden Vertragsklausel ist jedoch von vorne herein möglich.

2. Was wird im UN-Kaufrecht geregelt?

Das Übereinkommen regelt lediglich den Abschluss eines Kaufvertrages sowie die daraus entstehenden Rechte und Pflichten von Käufer und Verkäufer:

  • Allgemeine Bestimmungen zur Auslegung, Lieferung, Übergabe und Gefahrenübergang-Vertragsmäßigkeit der Ware und Rechte/Ansprüche Dritter
  • Rechtsbehelfe bei Vertragsverletzungen-Schadenersatz bei Sach -und Vermögensschäden
  • Das UN-Kaufrecht beinhaltet keine Regeln über die Haftung für den durch die Ware verursachten Tod oder die Körperverletzung einer Person! Des Weiteren finden sich in dem Abkommen keine Bestimmungen zur Geschäftsfähigkeit, Vertretung, Erlaubtheit des Vertrages, Zinsen bei Zahlungsverzug etc.

3. Sollte man das UN-Kaufrecht vertraglich ausschließen und wann gilt es nicht? Vor- und Nachteile

Abgesehen davon, dass es einer korrekten Formulierung bedarf, um das UN-Kaufrecht auszuschließen (z.B.: „Dieser Vertrag unterliegt dem niederländischem Recht mit Ausnahme des UN-Kaufrechts“, o.Ä.), stellt sich die Frage, ob es überhaupt ausgeschlossen werden sollte:

Hierzu sei festgehalten, dass die Anwendung des UN-Kaufrechts gegenüber der reinen nationalen Rechtsordnung sowohl Vor- als auch Nachteile für Händler sich bringen kann, weshalb es ratsam ist, sich mit diesem Abkommen und dessen Regelungen näher auseinanderzusetzen. Dabei sollten Sie unbedingt das Verhältnis des UN-Kaufrechts zum jeweiligen zur Anwendung kommenden nationalen Recht berücksichtigen, um besser abwägen zu können, welche konkreten Vorteile und/oder Nachteile in diesem Fall auf Sie zukommen.

Allen gemein ist jedoch der Umstand, dass das UN-Kaufrecht den nationalen Gerichten mitunter nicht ausreichend bekannt ist und es daher zu Auslegungsschwierigkeiten kommen kann, da es kein internationales Gericht zur Gewährleistung des Abkommens gibt. So hat sich hinsichtlich der Interpretation des UN-Kaufrechts in den Vertragsstaaten auch keine einheitliche Praxis herausgebildet. Einige Juristen empfehlen aus diesem Grund sowie aufgrund der Lückenhaftigkeit des Abkommens, dieses von vornherein auszuschließen. Nachfolgend sollen lediglich exemplarisch einige Vorteile der Anwendung von UN-Kaufrecht im Vergleich zu der reinen Anwendung der niederländischen Rechtsordnung für Exporteure/VerkäuferInnen aufgelistet werden:

1.         Vorteile aus der Sicht des Verkäufers:

(+) Erfüllungsort für Zahlungsansprüche ist der Ort, an dem der Gläubiger/Verkäufer seinen Sitz hat. Damit besteht für den deutschen Verkäufer die Möglichkeit, den Kaufpreis in Deutschland vor einem deutschen international zuständigen Gericht einzufordern. Art. 57 CISG bestimmt nämlich den Erfüllungsort für die Zahlung des Kaufpreises im Zweifelsfall oder wenn nichts anderes vereinbart ist, am Sitz des Verkäufers. Daraus lässt sich der allgemeine Grundsatz ableiten, dass der Erfüllungsort für Zahlungsansprüche, auch anderer Art (Erstattung, Kostenersatz, Zinsen, auch Vertragsstrafen usw.), immer beim Gläubiger liegt.

Bei Exporten innerhalb der EU ist zusätzlich die Europäische Durchführungsverordnung (EEX-VO) zu beachten.

(+) Das Wiener Kaufrechtsübereinkommen gilt als “neutrales und leicht zugängliches Recht”, das bei Vertragsverhandlungen mit ausländischen Partnern leichter anzuwenden und zu vereinbaren ist. Es wird einfach häufiger als “normales/nationales” niederländisches Recht akzeptiert.

(+) Beurteilung von Mängeln auf der Grundlage der Position und Einschätzung des Exporteurs/Verkäufers;

(+) Gewährleistungsrechte: Der Importeur/Käufer hat nur im Falle einer wesentlichen Vertragsverletzung nach dem Wiener Kaufrecht Anspruch auf Nachlieferung.

(+) Viele Unternehmer und auch Juristen selbst führen das komplizierte Rücktrittsrecht nach dem Wiener Kaufrecht als entscheidenden Grund für den Ausschluss des CISG in Verträgen an. Denn nach dem Wiener Kaufvertragsrecht kann der Kaufvertrag nur aufgelöst werden, wenn ein wesentlicher Mangel oder eine wesentliche Unzulänglichkeit vorliegt, im Gegensatz zu den Bestimmungen des deutschen  BGB, wo der Mangel nicht wesentlich/erheblich sein muss. Artikel 6:74 des  niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs spricht sogar von “jedem Mangel”.  Die Auflösung des Kaufvertrags bzw. ein Rücktritt wegen eines Mangels an einem gelieferten Produkt ist daher nach dem Wiener Kaufrecht schwieriger zu erreichen, was für den Exporteur/Verkäufer von Vorteil sein kann. Nicht aber für den Käufer, der eine höhere Schwelle überschreiten muss.

(+/-) Ein weiterer Vorteil kann für den Verkäufer sein, dass das Wiener Kaufrechtsübereinkommen den Schwerpunkt auf Schadenersatz bei Mängeln und nicht auf Vertragsauflösung oder Preisminderung legt. In diesem Fall darf die Entschädigung den vom Verkäufer “vorhersehbaren” Schaden nicht übersteigen. Das Wiener Kaufrecht kennt also eine Form der Schadensfeststellung/-fixierung, die allerdings auch zu Lasten des Verkäufers gehen kann.

2.         Nachteile aus Sicht des Verkäufers:

Neben den oben genannten Vorteilen für den Verkäufer hat das Wiener Kaufrecht auch einige Nachteile und damit mögliche Vorteile für den Käufer, die man beim Abschluss eines Kaufvertrags ebenfalls beachten sollte:

(-) Das Wiener Kaufrechtsübereinkommen sieht nicht dieselben Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung vor wie das deutsche Recht, und, wie bereits erwähnt, ist das Wiener Kaufrechtsübereinkommen stark auf Schadensersatz ausgerichtet. Der Verkäufer muss sich daher darüber im Klaren sein, dass er die mangelhafte Ware nicht unter allen Umständen reparieren oder ersetzen kann/darf, sondern auch auf Schadensersatz verklagt werden kann.

(-) Außerdem wird die Anwendbarkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen – einschließlich der Verkaufsbedingungen des Verkäufers – nach dem Wiener Kaufrecht nicht so leicht akzeptiert wie nach deutschem oder niederländischem Recht. Nach dem UN-Kaufrecht muss der Verkäufer beispielsweise die allgemeinen Geschäftsbedingungen tatsächlich zur Verfügung stellen, vorzugsweise auch in der Sprache des Käufers (zumindest in einer Sprache, die der Käufer versteht, oder in der Vertragssprache). Ein bloßer Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen reicht für deren Anwendbarkeit meist nicht aus.

Das UN-Kaufrecht kann somit für den Verkäufer/Lieferanten von beweglichen Sachen vorteilhafter sein, als das „normale“ bzw. nationale deutsche Recht. Bei Vertragsverhandlungen über und beim Erstellen von Verträgen muss man sich jedenfalls der Existenz und der Möglichkeiten des UN-Kaufrechts bewusst sein. Das „automatische“ Ausschließen des UN-Kaufrechts kann für den Lieferanten von Nachteil sein.

Nützliche Links: Allgemeine Informationen zum UN-Kaufrecht finden Sie unter http://www.uncitral.org/  und https://iicl.law.pace.edu/.

Eine Auflistung der derzeitigen Vertragsstaatenkönnen Sie unterfolgendem Link abrufen:

https://iicl.law.pace.edu/cisg/page/cisg-table-contracting-states http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NYConvention_status.html; https://uncitral.un.org/sites/uncitral.un.org/files/media-documents/uncitral/en/overview-status-table.pdf; https://uncitral.un.org/en/texts/salegoods/conventions/sale_of_goods/cisg/status

Hier wird Rechtstext der CISG in diversen Fremdsprachenangeführt: https://uncitral.un.org/sites/uncitral.un.org/files/media-documents/uncitral/en/19-09951_e_ebook.pdf

Sie sind Unternehmer, machen Geschäfte mit ausländischen Vertragspartnern und haben Fragen zum Wiener Kaufrecht oder zu Ihren Verträgen im Allgemeinen und zur Frage, ob diese geschäftssicher bzw. wirksam und zudem noch aktuell sind?

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